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Die Studierenden können Themen und Probleme, die sich mit der gesellschaftlichen Institution der Familie verbinden am Beispiel der russischen, der polnischen und der bosnisch/kroatischen/serbischen Literatur erläutern und beurteilen. Sie sind mit dem historisch-gesellschaftlichen Kontext der analysierten Texte vertraut.

Anhand eines ausgewählten Themas, der Familie, werden die Spezifika und die Unterschiede zwischen drei slawischen Literaturen – primär der russischen, daneben der bosnisch/kroatisch/serbischen und polnischen – sowie ihres historischen Kontextes in den Blick genommen.

Mit der Revolution von 1917 gerät die Familie in Russland als gesellschaftlich relevante Instanz in Russland in Misskredit. Diese Skepsis erfasst auch die Literatur: die Familie muss einem sozialistischen Kollektiv Platz machen. Ältere Texte hingegen, wie Tolstojs "Anna Karenina", zeigen die klassischen Freiheiten und Zwänge einer vom Bürgertum infizierten Familie. Ob und wie sich die Familienstrukturen im späten 20. Jahrhundert erneut in die russische Literatur einschreiben, wird zu untersuchen sein.

Auf dem Balkan hingegen ist die Familie, allem Sozialismus zum Trotz, eine Macht, die die Jahrhunderte überdauert hat. Familiengeschichten sind in der bosnisch/kroatisch/serbischen Literatur im 20. Jahrhundert prominent vertreten. Im Kontext des Zweiten Weltkrieges und der jüngsten Jugoslawienkriege wird die Familie aber literarisch auf den Prüfstand gestellt.

Auch in Polen ist die Familie durch die vorherrschende Religion, den Katholizismus, im 19. und 20. Jahrhundert sowie in der Gegenwart eine maßgebliche gesellschaftliche Instanz, deren Position der Sozialismus nicht wesentlich antasten konnte. Familiengeschichten sind in der polnischen Literatur jedenfalls zuhauf anzutreffen.

Im Seminar werden diese Unterschiede ebenso wie die Gemeinsamkeiten fokussiert. So spielen etwa jüdische Familiengeschichten in allen drei Literaturen eine bedeutende Rolle, ja gerade die jüdische Famile scheint das Konzept von National-Literaturen außer Kraft zu setzen und dem Wechsel politischer Systeme zu trotzen.

Einführende Impulsvorträge durch die Lehrveranstaltungsleiterin, selbständige Lektüre und mündliche Referate der Teilnehmenden, Diskussion.

Regelmäßige Anwesenheit, aktive Teilnahme an Diskussionen, mündliches Referat, schriftlicher Essay

Die Auswahl der Primärliteratur kann sich je nach den Interessen und Wünschen der Studierenden sowie der Anzahl der TeilnehmerInnen noch ändern und/oder verringern; vorgesehen sind zunächst:

Lev Tolstoj "Anna Karenina"; Miroslav Krleža "Glembajevi" ("Die Glembays"); Gabriela Zapolska "Moralność pani Dulskiej" ("Die Moral der Frau Dulska"); Andrej Platonov "Vozvraščenie" ("Rückkehr"); Danilo Kiš "Bašta, pepeo" ("Garten, Asche"); Natal’ja Baranskaja "Nedelja kak nedelja" (Woche um Woche"); Sławomir Mrożek "Tango"; Bora Ćosić "Uloga moje porodice u svetskoj revoluciji" ("Die Geschichte meiner Familie in der Weltrevolution"); David Bezmozgis "Roman Berman: Massage Therapist"; Aleksandar Hemon "Islands"

Komplettiert wird die Primärliteratur durch eine Visionierung des Films "Komissar" ("Die Kommissarin") von Aleksandr Askol’dov, dem Vasilij Grosmanns Erzählung "V gorode Berdičeve" zugrunde liegt.

1. BA-Studierende: Positiv absolviertes Pflichtmodul 11

2. LA-Studierende (Studienplan 2015): Positiv absolviertes Pflichtmodul 3