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Institut für Philosophie Institut für Philosophie

Dr. Andreas Hetzel Dr. Andreas Hetzel

602011

Kultur- und Sozialphilosophie II: Gemeinschaft und Gesellschaft

SE 2

4

Block

keine Angabe

Deutsch

Durch Ferdinand Tönnies’ 1887 erschienene Schrift Gemeinschaft und Gesellschaft wurde eine der wichtigsten Debatten in der Geschichte der modernen Sozialphilosophie ausgelöst. Gegen die Entfremdungserfahrung, mit der uns eine hyperkomplex gewordene Gesellschaft konfrontiert, mobilisiert Tönnies die Ideologie einer homogenen, transparenten, mit sich selbst ausgesöhnten Gemeinschaft. Im Seminar diskutieren wir zunächst die Position von Tönnies selbst. In einem zweiten Schritt beschäftigen wir uns mit seinem wichtigsten Kritiker, Helmut Plessner, der sich in einer 1924 unter dem Titel Grenzen der Gemeinschaft veröffentlichten Studie mit den Kosten einer Ideologie sozialer Unmittelbarkeit auseinandersetzt. Plessners Kritik am Gemeinschaftskonzept verdient nicht nur deshalb eine eingehende Betrachtung, weil sie die geistige Vorgeschichte des Nationalsozialismus besser zu verstehen hilft, sondern vor allem auch, weil im Namen des ‚Schutzes‘ und der ‚Reinerhaltung‘ ethnischer und nationaler Gemeinschaften auch heute wieder die schlimmsten Verbrechen verübt werden. In einem dritten Schritt befassen wir uns mit neueren Versuchen der politischen Philosophie (Maurice Blanchot, Jean-Luc Nancy, Giorgio Agamben), den Begriff der Gemeinschaft im Sinne einer unbedingten, nicht-exkludierenden, sich nicht länger an substantielle Kriterien der Zugehörigkeit bindenden Gemeinschaftlichkeit zu rehabilitieren.

Schriftliche Hausarbeit

Ferdinand Tönnies: Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie, Darmstadt 2005 (WBG). Helmut Plessner: „Die Grenzen der Gemeinschaft“ (1924), in: Helmut Plessner, Macht und menschliche Natur, Frankfurt a.M. 2003, S. 15-57. Maurice Blanchot: Die uneingestehbare Gemeinschaft, Berlin 2007 (Matthes & Seitz). Jean-Luc Nancy: Die undarstellbare Gemeinschaft, Stuttgart 1988 (Edition Patricia Schwarz). Jean-Luc Nancy: Singulär plural sein, Berlin 2005 (diaphanes). Jean-Luc Nancy: Die herausgeforderte Gemeinschaft, Zürich 2007 (diaphanes). Giorgio Agamben: Die kommende Gemeinschaft, Berlin 2003 (Merve). Roberto Esposito: Communitas. Ursprung und Wege der Gemeinschaft, Zürich 2004 (diaphanes).

Zur vorbereitenden und begleitenden Lektüre empfiehlt sich: Hartmut Rosa et. al.: Theorien der Gemeinschaft zur Einführung, Hamburg 2010 (Junius).
Beginn: Fr 26. April 2013