603027 "...das gelehrte Frauenzimmer...ist Abscheu der Natur" (Herder). Bildungstheorien in Geschlechterperspektive

Wintersemester 2003/2004 | Stand: 29.10.2009 LV auf Merkliste setzen
603027
"...das gelehrte Frauenzimmer...ist Abscheu der Natur" (Herder). Bildungstheorien in Geschlechterperspektive
PS 2
Block
keine Angabe
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- Die Studierenden sollen den Diskurs um die Geschlechtscharaktere im 18. Jahrhundert kennen lernen, als Deutungsmuster einschätzen und in ihrer Wirkung auf geschlechtstypische Zuschreibungen auch für unsere Zeit beurteilen können (Texte Rousseau, Campe, Hausen).- Sie sollen das Deutungsmuster anhand von Argumentationen (Texten), Darstellung im Videofilm und anhand von zeitgenössischen Gemälden beurteilen können.- Sie sollen die Diskurse um die Begriffe „Bildung“ und „Geschlecht“ in ihrer historischen und systematischen Perspektive kennen lernen und beurteilen können.- Sie sollen die theoretische Verknüpfung der Begriffe „Bildung“ und „Geschlecht“ in unterschiedlichen Ansätzen kennen lernen und beurteilen können (feministische bzw. postfeministische Ansätze, theoretische bzw. theoretisch-empirische Ansätze)- Sie sollen die Bedeutung der Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht in Bildungstheorien und Bildungszusammenhängen für ihr Studium der Erziehungswissenschaft und für ihre zukünftige Berufspraxis reflektieren können.
Im Europa des ausgehenden 18. Jahrhunderts war man sich dem Vernehmen nach über die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sehr klar. Nach dem Konzept der Geschlechtscharaktere (Hausen) galten Frauen als schwach, passiv, fürsorglich und geduldig, Männer als stark, aktiv, willensstark und durchsetzungsfähig. Demzufolge entwickelte man unterschiedliche Bildungs- und Erziehungsvorstellungen für Mädchen und Jungen, damit sie für die ihnen auferlegten unterschiedlichen Aufgaben in der bürgerlichen Gesellschaft - Frauen im Haus, Männer in der Öffentlichkeit – entsprechend vorbereitet waren. Diese geschlechtstypischen Zuschreibungen sind bis heute wirksam, haben sich zum Teil institutionalisiert, werden aber spätestens seit der Entwicklung der Frauen- und Geschlechterforschung in den 1970er Jahren in ihrer Gültigkeit angezweifelt. Geschlecht gilt heute nicht mehr als natürliche Kategorie, sondern als kulturelles Konstrukt. Auf der anderen Seite gilt Bildung im 20. Jahrhundert als universell und für alle gleich bedeutend. Frauen haben sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts den Zugang zu Universitäten erkämpft, und in den Schulabschlüssen sind die Mädchen eher führend. Doch ein vorschneller Verzicht auf die Geschlechtsperspektive in der Bildung ist trügerisch. Es geht nicht mehr um Bildung für Frauen oder Bildung für Männer, sondern um die Einfädelung der Geschlechtsperspektive in die Bildungstheorie im Sinne von „Bildung als gendered concept“. Das Seminar bietet eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Bildung und Geschlecht, wobei sowohl historische Geschlechterforschung als auch aktuelle Theorien des Konstruktivismus die Grundlage bilden.
Diskussion von Theorie-Texten, Medien-Rezeption, Plenums- und Kleingruppenarbeit, Referate im zweiten Block
Präsentationen der Arbeitsgruppen-Arbeit, Mündliche Reflexion am Ende des zweiten Blocks, Anwesenheit in der gesamten Lehrveranstaltung
- Hausen, Karin (1978): Die Polarisierung der ‚Geschlechtscharaktere’. Eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben. In: Heidi Rosenbaum (Hg.): Seminar: Familie und Gesellschaftsstruktur. Frankfurt am Main, S. 161-191- Kersting, Christa (1989): Prospekt fürs Eheleben. Joachim Heinrich Campe: Väterlicher Rath für meine Tochter. In: Viktoria Schmidt-Linsenhoff (Hg.): Sklavin oder Bürgerin? Französische Revolution und Neue Weiblichkeit 1760-1830. Frankfurt am Main, S. 373-390- Von Felden, Heide (1997): Die Frauen und Rousseau. Die Rousseau-Rezeption zeitgenössischer Schriftstellerinnen in Deutschland. Frankfurt/New York- Von Felden, Heide (2003): Bildung und Geschlecht zwischen Moderne und Postmoderne. Zur Verknüpfung von Bildungs-, Biographie- und Genderforschung. Opladen - Prengel, Annedore (1995): Pädagogik der Vielfalt. Opladen- Heinrichs, Gesa (2001): Bildung - Identität – Geschlecht. Eine (postfeministische) Einführung. Königstein/Taunus
Zuordnung(en): Neuer Studienplan (24.09.01) I.2.7 Alter Studienplan (03.07.97) I.4.1-5.2 (V. zu I.1.2.6) (31)
Beginn: 21.11.2003
Gruppe 0
Datum Uhrzeit Ort
Fr 21.11.2003
09.00 - 20.00 40513 UR 10 40513 UR 10
Sa 22.11.2003
09.00 - 12.30 40513 UR 10 40513 UR 10
Fr 16.01.2004
09.00 - 20.00 40513 UR 10 40513 UR 10
Sa 17.01.2004
09.00 - 12.30 40513 UR 10 40513 UR 10