LFU:online

Die Studierenden können literatur- und kulturgeschichtliche Zusammenhänge am Beispiel repräsentativer Autorinnen und Autoren, Werke und Gattungen benennen, sie können Kanonisierungsprozesse beschreiben; sie können das Zusammenwirken von gesellschaftlichen, literatur- und kulturgeschichtlichen (u. a. genderspezifischen) Entwicklungen beschreiben; sie haben die Fertigkeit, literarische Texte selbstständig nach wissenschaftlichen Normen zu interpretieren.

Anhand des Romans "Deutschstunde" (1968) von Siegfried Lenz wird die deutschsprachige Nachkriegsliteratur beispielhaft in ihrer ästhetischen Umsetzung der Erinnerung an die repressive (Kultur-)Ideologie des Nationalsozialismus betrachtet. Die Studierenden sollen ein umfassendes Wissen des kulturellen und historischen Kontexts während des NS-Regimes und im Nachkriegsdeutschland erhalten. Im Fokus steht dabei der Umgang des Nationalsozialismus' mit "entarteter Kunst" und wie sich dieser in den verschiedenen Erinnerungs- und Erzählebenen des Romans darstellt. Zusätzlich wird der Roman in seinen Kanonisierungsprozess und dem Literaturbetrieb nach 1945 eingebettet, wodurch kulturpolitische Diskurse der jungen Bundesrepublik eingebunden werden.

Der Protagonist von Siegfried Lenz' Roman "Die Deutschstunde" heißt Siggi Jepsen und soll als Insasse einer Anstalt für schwer erziehbare Jugendliche im Deutschunterricht einen Aufsatz mit dem Titel "Die Freuden der Pflicht" verfassen. Allein diese sehr knappe Inhaltsangabe des Beginns der Rahmenhandlung wirft mehrere Fragen auf. Wieso ist Siggi Jepsen Insasse der Anstalt? (Inhalt) Was bedeutet Pflicht im Nachkriegsdeutschland? (Kontext) Wie stark ist der Unterricht noch von der NS-Ideologie geprägt? (Diskurs) Wie wird diese Handlung erzählt? (Struktur)

Im Proseminar sollen die Studierenden gemeinsam die verschiedenen Erzählebenen sowie die Erzählstruktur des Romans mithilfe einer narratologischen Analyse entdecken. Es soll erkenntlich werden, wie der Roman Spannung erzeugt.

Auf inhaltlicher Ebene wird die Handlung kontextualisiert und die notwendige Einbindung der historischen Umstände des Nationalsozialismus' in Deutschland und dessen repressive Ideologie vermittelt, damit diese eigenständig auf den Roman angewandt werden können.

Da der Roman 1968 veröffentlicht wurde, ist es notwendig den Literaturbetrieb sowie den damit einhergehenden Erinnerungsdiskurs an den Nationalsozialismus mit einzubeziehen.

Außerdem werden kritische Fragen an den Roman und seinen Umgang mit der Erinnerung an den Nationalsozialismus gestellt. Welche Faktoren nationalsozialistischer Unterdrückung werden berücksichtigt, welche nicht? Und warum ist dies so?

Neben der narratologischen Analyse, die der Erzähltheorie nach Martínez/Scheffel folgt, werden die verschiedenen Machtstrukturen mithilfe von Diskursanalysen betrachtet. Hierdurch zeigt sich sowohl die ideologische Komponente auf Handlungsebene als auch die kanonisierende des Literaturbetriebs um 1968.

Gemeinsam soll der Roman umfassend analysiert und interpretiert werden.

Eine genaue Romanlektüre ist dabei unerlässlich. Es wird empfohlen bereits vor Beginn des Proseminars mit der Lektüre zu beginnen.

Kurzvorträge der LV-Leiterin, Textanalyse und Diskussion auf Basis der vorbereiteten Lektüren in Kleingruppen und im Plenum.

Vorbereitung, Mitarbeit (Lektüre des Romans!)
Überprüfung der Textkenntnis
Proseminararbeit (ca. 12 Seiten)

Siegfried Lenz - Deutschstunde

(falls der Roman nicht bereits vorhanden ist, wird empfohlen, sich die folgende Taschenbuchausgabe anzuschaffen: ISBN: 978-3-455-00686-5)

Weitere empfohlene Literatur wird zu Beginn des Semesters bekanntgegeben.

Siehe Curriculum