608273 PS Literatur im historischen Kontext (Gr. C): Kunst und Krankheit

Sommersemester 2022 | Stand: 01.02.2022 LV auf Merkliste setzen
608273
PS Literatur im historischen Kontext (Gr. C): Kunst und Krankheit
PS 2
2,5
wöch.
jährlich
Deutsch

Fertigkeit, literatur-und kulturgeschichtliche Zusammenhänge am Beispiel repräsentativer Autorinnen und Autoren, Werke und Gattungen zu benennen, Kanonisierungsprozesse zu beschreiben. Die Studierenden können das Zusammenwirken von gesellschaftlichen, literatur- und kulturgeschichtlichen (u.a. genderspezifischen) Entwicklungen beschreiben; sie haben die Fertigkeit, literarische Texte selbstständig nach wissenschaftlichen Normen zu interpretieren.

Schon Platon sprach vom "furor poeticus", der die Dichter ergreift, doch spätestens seit der Decadence und dem expressionistischen Jahrzehnt wurden Krankheit und Leid bestimmende Themen der Literatur. Die Darstellungen oszillierten dabei zwischen naturalistischer Wirklichkeitsbeschreibung und immanenter Kritik am Fortschrittsoptimismus. Entsprechend standen die Künstler*innen im Verdacht, eine krankhaft übersteigerte Subjektivität zur Schau zu tragen. Diese Zuschreibungen mündeten schließlich im katastrophischen Terminus von der "entarteten Kunst", mit dem der Nationalsozialismus die künstlerische Avantgarde verunglimpfte. Das Beispiel zeigt, dass Krankheitsdiskurse nicht bloß auf das Subjekt bezogen waren und sind, sondern stets an eine Gesellschaft rückgebunden erscheinen - heute lösen Seuchenphänomene beispielsweise kollektive Untergangsängste aus.

Im PS werfen wir einen Blick auf literarische Texte, die von inneren und äußeren Krankheiten erzählen, und deren Produktion wie Rezeption stets in Wechselwirkung mit gesellschaftlichen Veränderungsprozessen und Norm- bzw. Wertvorstellungen stehen. Ausgehend von theoretischen Grundlagentexten (u.a. Susan Sontags "Krankheit als Metapher" und Thomas Anz' "Gesund oder krank?"), steht die komplexe gesellschaftliche Verflechtung von Kunst und Krankheit vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart im Fokus. 

Es soll anhand ausgewählter Beispieltexte geklärt werden, auf welche Weise die Literatur zu unterschiedlichen Zeiten von Gesundheit und Krankheit spricht und welche sozialen Phänomene sich in der literarischen Metaphorik spiegeln, wenn der Text die empirische Ebene verlässt. In diesem Zusammenhang werden auch die 'kranken' Künstlerpersönlichkeiten zur Sprache kommen, ebenso wie die spezifische Gruppe der Dichter-Ärzte (Benn, Döblin, Schnitzler, Hoffensthal etc.).

Vortrag, Diskussion im Plenum,
Arbeiten mit alternativen Zugängen zu den Texten (Film, Bild,… Ton)

Mitarbeit (Bereitschaft zur vorbereitenden Lektüre und Diskussion)
Impulsreferat zu einem Text + Thesenpapier
Schriftliche PS-Arbeit

Primärliteratur:

Johanna Spyri: Heidis Lehr- und Wanderjahre (1880)
Arno Holz/Johannes Schlaf: Die Familie Selicke (1890)
Oskar Panizza: Das Liebeskonzil (1894)
Gabriele Reuter: Aus guter Familie (1895)
Thomas Mann: Tristan (1903)
Hans von Hoffensthal: Lori Graff (1909)
Thomas Mann: Der Tod in Venedig (1913)
Georg Trakl: Sebastian im Traum (1915)
Franz Kafka: Ein Landarzt (1918)
Joseph Roth: Hiob (1930)
Thomas Bernhard: Frost (1963)
Fritz Zorn: Mars (1977)
Rainald Goetz: Irre (1983)
Bettina Galvagni: Melancholia (1997)
Christine Lavant: Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus (2001)
Bettina Spoerri: Herzvirus (2016)

Forschungsliteratur:

Thomas Anz: Gesund oder krank? Medizin, Moral und Ästhetik in der deutschen Gegenwartsliteratur. Stuttgart: Metzler 1989
Michel Foucault: Die Geburt der Klinik. Eine Archäologie des ärztlichen Blicks. Frankfurt/Main: S. Fischer 1988.
Susan Sontag: Krankheit als Metapher. Aids als Metapher. Frankfurt/Main: S. Fischer 2003


Weitere LV-relevante Primär- und Forschungsliteratur wird in der ersten Stunde bekanntgegeben.

siehe Termine
Gruppe 0
Datum Uhrzeit Ort
Di 08.03.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 15.03.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 22.03.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 29.03.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 05.04.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 26.04.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 03.05.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 10.05.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 17.05.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 24.05.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 31.05.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 07.06.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 14.06.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 21.06.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Di 28.06.2022
19.00 - 20.30 40935 SR 40935 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte