LFU:online

Studierende lernen die intensive Auseinandersetzung mit Forschungsliteratur und deren Anwendung auf Fallbeispiele. Dabei wenden sie unterschiedliche Methoden der empirischen Kulturanalyse an und lernen es, deren Erkenntniswert zu überprüfen. Zentrales Lernergebnis ist die Verknüpfung von kulturwissenschaftlichen Theorien und empirischer Forschung.

Geld oder Liebe? Das Gegensatzpaar, das seinen historischen Ursprung in der Entstehung der bürgerlichen Familie und Romantik hat, scheint nicht mehr zeitgemäß. Wenn die Gegenwart zunehmend durch ökonomische Strukturen, Konsumlogiken und digitale Technologien geprägt wird, bleibt davon auch die Liebe nicht unberührt, so die Soziologin Eva Illouz. In ihren Schriften analysiert sie, wie sich romantische Beziehungen durch gesellschaftliche Veränderungen verschoben haben – weg von idealisierten Vorstellungen hin zu marktförmig strukturierten Beziehungen. Liebe wird demnach zunehmend durch ökonomische Kategorien strukturiert und erfahren.

Partnersuche etwa erfolgt vermehrt über Online-Plattformen, auf denen Menschen sich wie Produkte präsentieren und auswählen lassen – eine Entwicklung, die die romantische Idee der ‚einzigartigen Verbindung‘ untergräbt. Potenzielle Partner:innen werden zur Ware, die verglichen, bewertet und gegebenenfalls ausgetauscht wird. Zudem werden Vorstellungen von Liebe über Medien, Werbung und Filme idealisiert und mit bestimmten Konsumpraktiken verknüpft – das romantische Dinner, das perfekte Geschenk, der Traumurlaub zu zweit. Diese kulturellen Bilder erzeugen normative Vorstellungen von „wahrer“ Liebe, die für viele Menschen zum Maßstab werden – mit der Konsequenz, dass reales Beziehungserleben häufig als unzureichend empfunden wird. Der Kapitalismus hat somit nicht nur die äußeren Bedingungen romantischer Beziehungen verändert, sondern auch das innere Erleben von Liebe selbst.

Wir wollen die Thesen von Illouz auf Fallbeispielen wie Hochzeiten, insbesondere Destination Weddings, Materialitäten, Dating-Apps u.ä. anwenden und empirisch überprüfen. Dabei kommen einführende Vorträge, kritische Lektüre von Schlüsseltexten und studentische Präsentationen zum Einsatz.

Studentische Präsentation in der Gruppe und schriftliche Arbeit.

Zur Sicherung der guten wissenschaftlischen Praxis kann ein notenrelevantes Gespräch zur eingereichten schriftlichen Arbeit erfolgen.

Eva Illouz: Der Konsum der Romantik. Liebe und die kulturellen Widersprüche des Kapitalismus. Campus, Frankfurt am Main / New York 2003.
Eva Illouz: Gefühle in Zeiten des Kapitalismus. Adorno-Vorlesungen 2004. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006.
Eva Illouz: Warum Liebe weh tut. Eine soziologische Erklärung. Suhrkamp Verlag, Berlin 2011.
Eva Illouz (Hg.): Wa(h)re Gefühle. Authentizität im Konsumkapitalismus. Suhrkamp Verlag, Berlin 2018.