645617 SE Modernisierung und Medialität: Decolonizing Ethnography. Kollaborative Wissensproduktion in der ethnografischen Forschung

Wintersemester 2022/2023 | Stand: 17.05.2022 LV auf Merkliste setzen
645617
SE Modernisierung und Medialität: Decolonizing Ethnography. Kollaborative Wissensproduktion in der ethnografischen Forschung
SE 2
5
wöch.
jährlich
Deutsch

Das Seminar setzt sich überblicksartig mit gegenwärtigen methodologischen, ethischen und epistemologischen Diskussionen dekolonialer Wissenspraxis auseinander. Zentral ist dabei der gemeinsame Reflexions- und Diskussionsprozess im Plenum des Seminars sowie in Kleingruppen. Nach positiver Absolvierung können die Möglichkeiten und Grenzen von Kollaborationen in der ethnografischen Forschung diskutiert und grundlegende Ansätze einer dekolonisierenden Ethnografie reflektiert werden.

In den 1980er Jahren bestimmten Repräsentationsfragen und die Forderung nach einer Dekolonisierung der bestehenden Wissenssysteme sowie Denkweisen die Writing-Culture-Debatte. Dies führte zu einem bedeutenden und andauernden Wandel der Europäischen Ethnologie und Kulturanthropologie: Forschende setzen sich vermehrt mit Fragen von Repräsentation, Positionalität und Machtungleichheiten in der Forschenden-Erforschten-Beziehung auseinander. Dennoch bleiben innerhalb der „dominant anthropology“ (Restrepo & Escobar 2005) Theoriebezüge eurozentrisch geprägt und methodologisch wird häufig ein Subjekt-Objekt-Verhältnis fortgeführt. Im Rahmen des Seminars setzen wir uns mit Fragen auseinander, welche Formen transformativer Wissensproduktion denkbar sind, wie eurozentrische Ansätze überwunden werden können und wie eine dekoloniale Wissenspraxis entwickelt werden kann. Anknüpfend an aktuelle Debatten, die sich für eine Restrukturierung des (eurozentrischen) Denkens und methodologische Re-Positionierung aussprechen, erleben insbesondere Kollaborationen mit Akteur*innen im Feld einen Aufschwung in der ethnografischen Wissensproduktion. Im Vordergrund steht das Ziel Machtasymmetrien im Forschungsprozess offenzulegen und zu verringern sowie mittels einer „reflexiven aktivistischen Wissenschaftlichkeit“ (Hamm 2013) eine Brücke zwischen den Wissensfeldern Aktivismus und Wissenschaft zu schaffen. Im Seminar widmen wir uns daher verschiedenen Formen der Zusammenarbeit: Einbezug der Forschungssubjekte in den Prozess der Wissensgenerierung als Forschungspartner*innen, gemeinsame Autor*innenschaft, kollaborativ ausgehandelte Repräsentationsstrategien etc.

Die Inhalte der Lehrveranstaltung werden durch das begleitete Lesen des Buches „Decolonizing Ethnography. Undocumented immigrants and new directions in Social Science“ (Alonso Bejarano, López Juárez, Mijangos García & Goldstein 2019) erarbeitet und im Plenum diskutiert. Kontextualisierungen erfolgen durch Inputs der Lehrenden anhand einschlägiger Literatur und durch eine Vertiefung in Arbeitsgruppen. Mittels der Anfertigung von Lektürenotizen erfolgt eine theoretische Auseinandersetzung mit dekolonisierenden Ansätzen.
Das begleitete Lesen erfolgt über die Plattform „Perusall“ (https://perusall.com).

Regelmäßige Teilnahme (max. 2 Fehleinheiten), aktive Mitarbeit, 2 Lektürenotizen (á 800 Wörter)

siehe Termine