822406 SE Kuratorische Praktiken
Sommersemester 2025 | Stand: 12.12.2024 | LV auf Merkliste setzenDas Seminar zielt auf die wissenschaftliche sowie kontext- und bauanalytische Auseinandersetzung mit themenspezifischen Bautypen und Einzelbauten. Normative und faktisch auswertbare Aspekte beeinflussen unser Architekturverständnis und die Bewertungsmodi ebenso wie ästhetische und rezeptive Kriterien. Gerade im Bauwesen treffen „harte Fakten“ auf subjektive Einschätzung von Architektur aufeinander. Damit ist „Baukultur“ nie frei von Diskurs. Fragestellungen zu entwickeln und zu bewerten lernen ist Ziel des Seminars.
In diesem Semester wird der Fokus auf Lehre und Theorie des Architekten und Universitätsprofessorts Othmar Barth liegen. Grund ist eine geplante Ausstellung im aut.architektur und tirol und Archiv für Bau.Kunst.Geschichte zu Othmar Barth und Leopold Gerstel. Die Ergebnisse des Kurses sollen in die Ausstellung integriert werden.
Othmar Barth (1927-2010)– Werk, Theorie und Lehre
Die 70er Jahre sind von gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt – und die Architektur liefert ihr Spiegelbild in besonderem Maß. Die Ernte der Wirtschaftswunderzeit der Nachkriegsjahre war eingefahren während zugleich gesellschaftliche Rollenbilder und ökonomische Strukturen in Frage gestellt wurden. Die Hippiebewegung, die Kulturszene, die Anti-Kriegsdemonstrationen und Klima-Aktivisten prägten die Zeit ebenso wie die Ölkrise und die zunehmende Globalisierung und Liberalisierung des Marktes. Der Glaube an die Gestaltungskraft der Gegenwart war dennoch stärker als die Verheißung „Fortschritt“ nur unheilvoll klang.
Die Architektenschaft stand vor der Herausforderung, den Zeitgeist zu übersetzen und Kontinuitäten zu brechen – das Formenvokabular dafür war expressiv und setzte dafür fast fetischgleich Beton und konstruktive Mittel demonstrativ ein. Begriffe wie Brutalismus und Strukturalismus wurden für die Architekturen dieser Zeit geprägt. Die Bauten dieser Jahre prägen Innsbruck bis heute und sind herausragende Ergebnisse einer Bauentwicklung und mahnende Zeugen einer unreflektierten Stadtentwicklung zugleich.
Othmar Barth, Leopold Gerstel, Josef Lackner, Horst Parson u.a. – zählen zu den prägenden Figuren der Architekturszene in Tirol wie auch zu den einflussreichen Lehrenden an der neu gegründeten Fakultät für Architektur.
Othmar Barth lehrte 18 Jahre, von 1975-1993 am Institut für Architektur, Entwerfen und Raumgestaltung. Eine ganze Architektengeneration zeigt sich von seiner Lehre beeinflusst. Eine Erfassung der Bauten und ihre Analyse im überregionalen Zeit- und Baukontext sind Ziel des Seminars. Obwohl er in Tirol lediglich das Skigymnasium in Stams verwirklichen konnte, wurde ihm 1999 der Tiroler Landespreis für Kunst verliehen. Vor allem seine Theorie und Lehre wird zentraler Hauptaugenmerk des Kurses sein.
Der Kurs wird in Teilen als Block abgehalten. Exkursionen nach Bozen (Landesarchiv, Nachlass Othmar Barth) und zu einzelnen Bauten sind geplant.
Literatur- und Quellenrecherche: An Einzelbeispielen werden verschiedene Bauten untersucht. Dazu zählt die wissenschaftliche Erarbeitung des Baukontextes ebenso wie die architektonische Analyse. In Teilen stützt sich die Untersuchung u.a. auf originale Planmaterialeien etc. im Landesarchiv Bozen.
Unmittelbarer Austausch und direkte Begegnung: Exkursionen zu den Bauten sowie Gespräche mit ArchitektInnen dienen der Erweiterung der Perspektiven.
Diskussion und Stellungnahme: Diskurs und kritische Auseinandersetzung
Anforderungen: Regelmäßige Teilnahme (80% der Lehrveranstaltung), verbindliche Übernahme eines Referats, Verfassen einer schriftlichen wissenschaftlichen Arbeit, Beteiligung an der Diskussion und pünktliches Erscheinen sowie kontinuierliche und aktive Mitarbeit. Vorbesprechungen von Referat und Hausarbeit sind obligatorisch.
Literatur wird im Rahmen des Seminars bekannt gegeben.
Auswahl:
Sandy Attia, Rivedere Barth – Barth wiedersehen, Bozen 2011
Ernst Bliem (Hg.), Othmar Barth, München/Salzburg/Wien 2007
- SDG 9 - Industrie, Innovation und Infrastruktur: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen
- SDG 11 - Nachhaltige Städte und Gemeinden: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten