921092 PS Zeitgeschichte - Lebensläufe, Lebensgeschichten, Lebenslügen

Sommersemester 2024 | Stand: 29.11.2023 LV auf Merkliste setzen
E Diese Lehrveranstaltung wird im Rahmen eines gemeinsamen Studiums von einer anderen Bildungseinrichtung angeboten

921092
6xxxxxG7c6
(Pädagogische Hochschule Vorarlberg)
PS Zeitgeschichte - Lebensläufe, Lebensgeschichten, Lebenslügen
PS 2
5
keine Angabe
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Deutsch
Endziel des Proseminars ist es, die Studierenden auf die Lektüre von Pierre Bourdieus mittlerweile klassischen Text über die „biographische Illusion“ vorzubereiten, um auf die Problematik lebensgeschichtlicher Erzählweisen und biographischer Strategien hinzuweisen und eine kritische Distanz im Umgang mit biographischer Forschung zu ermöglichen. Schließlich geht es darum, die Grenzen der biographischen Forschung zu erkennen und weiterführende Alternativen zu thematisieren.
IDie Waldheim-Affäre in den Achtziger Jahren hat gezeigt, wie sich an „Auslassungen“ oder „Unstimmigkeiten“ von Biographien zeitgeschichtliche, ethische und politische Debatten entzünden können. Der Umgang mit Lebensläufen, Kurzbiographien, biographischen Lexika, Kollektivbiographien und biographischen Werken aller Art ist in der historischen Forschung völlig selbstverständlich, so sehr, dass man – sofern man nicht selbst damit befasst ist – kaum je über die Herstellung, die Zugänge, die Wertungen, Interpretationen, die Techniken der Recherche nachdenkt. Das von mir geplante Proseminar Zeitgeschichte WS 23/24 soll sich eben diesen verschiedenen Aspekten und den damit in Zusammenhang stehenden Fragen biographischer Forschung widmen. Da geht es zunächst um die Frage der Auswahl: Über wen schreibt man eine Biographie, über wen nicht? Dann geht es um die Frage, was gehört in eine Biographie? Was sollte eine Biographie unbedingt enthalten, was nicht? Dann geht es natürlich um die Fragen der Recherche und ihrer Techniken, wo wird man etwas finden, wo nicht, etwa auch: Was kann man im Internet finden, was nicht? Wie ist das, was man findet, zu beurteilen? Kann man sich einen Teil des Materials selbst erarbeiten, etwa durch das Führen von Interviews? Wie geht man mit diesen Interviews um? Wie sind die Ergebnisse dieser „oral history“ zu bewerten? Es ist geplant in mehreren Schritten das Thema einzukreisen. In ersten kleinen Übungen sollten die Studierenden Rezensionen zu Biographien suchen, lesen, vorstellen und diskutieren, dann selbst eine Rezension einer Biographie verfassen. In weiteren Schritten eine Biographie konzipieren und die Rechercheschritte skizzieren. Besuche in der Landesbibliothek und/oder im Landesarchiv sind möglich, eventuell auch im vorarlberg museum. Ein Ziel ist es, die Teilnehmer*innen für die diversen Facetten der Vorarlberger Zeitgeschichte zu interessieren, aber darüber hinausreichende Interessen sollen nicht gebremst werden. Die Beschäftigung mit der NS-Zeit ist durchaus möglich, aber nicht unbedingt erforderlich. An vielen Lebensgeschichten wird sich ohnedies zeigen, dass die NS-Zeit, die Verarbeitung des Krieges, die Prozesse der Sozialisierung ohnedies eine beinahe übermächtige Rolle spielen, sowohl bei Opfern wie auch Tätern, selbst bei den scheinbar Unbeteiligten.
Eine Leseliste wird vorbereitet.