645606 Die Beobachtung. Eine Basismethode der Kulturanalyse

Sommersemester 2009 | Stand: 16.07.2009 LV auf Merkliste setzen
645606
Die Beobachtung. Eine Basismethode der Kulturanalyse
PS 2
3,6
wöch.
keine Angabe
Deutsch
Die Volkskunde interessiert sich nicht nur für die Erfindung von Wirklichkeit in unseren Köpfen. Vor allem kann sich das Fach einer reichen Tradition glücklich schätzen, die auf die Realität der Wirklichkeit achtet: auf Tatsachen, die unmittelbar vorzufinden und am Leib zu verspüren sind; auf Taten, die konkret vollzogen und kaum reflektiert werden; und auf Sachen, die unseren Bedürfnissen gegenüberstehen. Die Bedeutung solcher Realien lässt sich oft nur schwer in Worte fassen. Es ist zwar Teil der volkskundlichen Empirie, die Menschen nach Aspekten ihrer Erfahrungswelt zu fragen: nach den materiellen Umständen ihres Seins, nach ihrer sozialen Praxis, nach ihrer Beziehung zu den Dingen. Aber bei weitem nicht jede Seelenregung, die damit zusammenhängt, lässt sich problemlos ins Bewusstsein rufen. Der Empirie der Befragung sind damit Grenzen gesetzt. In der volkskundlichen Methodik ist sie eng mit einer Empirie der Beobachtung verbunden, die nonverbale, körpernahe und visuelle Aspekte der Kultur ins Auge fasst.
Das Proseminar möchte die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Beobachtung als einer Basismethode der Kulturanalyse erkunden: Im Anschluss an eine kurze Einführung wird der Hauptteil der Lehrveranstaltung konkreten Erfahrungen in Innsbruck gelten. An verschiedenen Orten der Stadt und in unterschiedlichen sozialen Settings sollen in Kleingruppen Beobachtungen angestellt werden, nach dem Motto: „beobachtung heiszt erfahrung, welche methodisch angestellt wird.“ (Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Band 1, Spalte 1478) Als Gegenstände kommen alltägliche Handlungsabläufe und Verhaltensweisen in Frage, die oft weitgehend wortlos verlaufen. Das Erkenntnisinteresse soll dabei der menschlichen Beziehung zu den kulturellen Objektivationen, also zu Gütern und Normen, gelten. Dabei geht es dem Proseminar nicht nur um die Beobachtung als Prozess, sondern auch um die Beobachtung als Produkt dieses Prozesses: In Referaten soll das Beobachtete beschrieben und diskutiert werden. Besondere Aufmerksamkeit verdient hier die Frage nach dem Verhältnis von Erfahrung und Sprache, von Praxis und Diskurs, die abschließend noch in einem dritten, zusammenfassenden Teil vertieft werden soll: Umso weniger die Beobachtung und ihr Objekt sich strikt trennen lassen, desto notwendiger ist es, sie auch als Selbstbeobachtung zu verstehen.
Jürgen Hasse: Fundsachen der Sinne. Eine phänomenologische Revision alltäglichen Lebens. Freiburg und München2005 (= Neue Phänomenologie, Bd. 4). Stefan Hirschauer: Ethnografisches Schreiben und die Schweigsamkeit des Sozialen. Zu einer Methodologie der Beschreibung. In: Zeitschrift für Soziologie, 30 (2001), S. 429-451. Utz Jeggle: (Hg.): Feldforschung. Qualitative Methoden in der Kulturanalyse. Tübingen 1984 (= Untersuchungen des LUI, 62). Ders.: Volkskunde. In: Uwe Flick u.a. (Hgg.): Handbuch Qualitative Sozialforschung. Grund-lagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. 2. Auflage. Weinheim 1995, S. 56-59. Rolf Lindner: Die Angst des Forschers vor dem Feld. Überlegungen zur teilnehmenden Beo-bachtung als Interaktionsprozess. In: Zeitschrift für Volkskunde, 77 (1981), S. 51-66. Karin Petersen: Beobachten. Zur Systematisierung einer ‚alltäglichen Kompetenz’. In: Vokus. Volkskundlich-kulturwissenschaftliche Schriften, 17 (2007), H. 1, S. 61-79. Brigitta Schmidt-Lauber: Gemütlichkeit. Eine kulturwissenschaftliche Annäherung. Frankfurt am Main und New York 2003. Dies.: Feldforschung. Kulturanalyse durch teilnehmende Beobachtung. In: Silke Göttsch-Elten u. Albrecht Lehmann (Hgg.): Methoden der Volkskunde. Positionen, Quellen, Arbeits-weisen der Europäischen Ethnologie. Zweitem überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 2007, S. 219-248.
Beginn: 12. März
Gruppe 0
Datum Uhrzeit Ort
Do 12.03.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 19.03.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 26.03.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 02.04.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 23.04.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 30.04.2009
14.00 - 18.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 14.05.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 28.05.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 04.06.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 18.06.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR
Do 18.06.2009
14.00 - 19.00 50113 SR 50113 SR
Do 02.07.2009
14.00 - 16.00 4DG14 SR 4DG14 SR