641201 Literatur und Intermedialität I: Brecht intermedial. V-Effekt in Film, Oper und Musik.

Sommersemester 2010 | Stand: 09.08.2010 LV auf Merkliste setzen
641201
Literatur und Intermedialität I: Brecht intermedial. V-Effekt in Film, Oper und Musik.
UE 2
5
14tg.
jährlich
Deutsch
In den vergangenen 80 Jahren hat Bertold Brecht als Dramatiker, Lyriker und Theatertheoretiker Weltruhm erlangt. Termini, die zu fixen theaterwissenschaftlichen Grundpfeilern avancierten, wie „episches bzw. dialektisches Theater“, „Desillusionierung“ und eben der berühmte „Verfremdungseffekt“ (V-Effekt) sind mittlerweile untrennbar mit Brechts Namen verbunden. Ein Ziel dieser LV soll es sein, die Wirkkraft und Bedeutung von Brechts theoretischen Konzeptionen in den Medien Film und Musik aufzuspüren und zu analysieren. Dabei werden Werke von Musikern und Regisseuren untersucht, die sich den V-Effekt bewusst oder unbewusst zu nutze gemacht haben (z.B.: Tom Waits, Nick Cave, Rainer Werner Fassbinder oder Jim Jarmusch). Ein weiteres Ziel ist es, den Studierenden Einblick in Brechts eigene Mitarbeit an filmischen und musikalischen Projekten zu geben und dabei seine theoretischen Konzepte einer kritischen Überprüfung zu unterziehen (z.B. „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ (1930), „Kuhle Wampe oder wem gehört die Welt“ (1932), „Hangmen also Die“ (1943)).
Wenn Frank-M. Raddatz Bertolt Brecht mit einem Exorzisten vergleicht, der die Theaterbühnen seiner Zeit wie eine „von besessenen Klosterbrüdern behauste Abtei“ heimsuchte, so verdeutlicht er mit diesem Bild eindrücklich die bis heute anhaltende Wirkkraft des Bruchs mit bürgerlichen Theaterkonventionen. Die Bedeutung von Brechts künstlerischen Konzepten reicht jedoch längst über die Medien Literatur und Theater hinaus. Im Kleinen Organon für das Theater (1948) verlangt Brecht beispielsweise von der Musik, dass sie sich jener „Gleichschaltung widersetzen“ müsse, die sie „zur gedankenlosen Dienerin herabwürdigt“. Und über den Film, zu dem er zeitlebens ein ambivalentes Verhältnis hatte, meint Brecht zu Beginn der 1930er Jahre: „Die Technik des Films ist eine Technik, die aus einem Nichts ein Etwas macht“. Es ist nun genau diese Überschreitung medialer Grenzen zu Musik, Oper und Film, die im Rahmen dieser LV thematisiert werden soll. Im Falle der Musik wird ein chronologischer Bogen gespannt, der sich von Brechts eigener Zusammenarbeit mit den Komponisten Kurt Weill und Hanns Eisler (z.B.: „Dreigroschenoper“, „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“) bis zu den Spuren des V-Effekts in der Musik von Tom Waits, Nick Cave und den Dresden Dolls erstreckt. Ebenso werden im Bezug auf den Film sowohl Brechts eigene Erfahrungen mit diesem Medium (z.B.: Dreigroschenfilm) analysiert, als auch seine Wirkung auf spätere Filmemacher wie Jim Jarmusch, Lars von Trier oder Rainer Werner Fassbinder.
Der untrennbar mit dem Namen Brecht verknüpfte Begriff der Verfremdung prägte in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur die Theaterbühnen dieser Welt, sondern hinterließ auch unverkennbare Spuren in den Medien Musik, Oper und Film. Im Rahmen der LV soll in Referaten, Diskussionsrunden und Arbeitsgruppen die mediale Grenzüberschreitung des Brecht’schen V-Effekts offen gelegt und analysiert werden. Zusätzlich werden die Begriffe „Transmedialität“ und „intermediale Transposition“ nach Werner Wolf zur Diskussion gestellt, da sowohl filmische und musikalische Werke untersucht werden, die auf einem klaren genetischen Bezug zu Brecht basieren, als auch solche, deren Analogiebildungen ohne direkten Kontakt zustande kamen.
Um die LV positiv abzuschließen, muss ein Referat (Zeitrahmen ca. 30 min.) gehalten, sowie eine schriftliche Arbeit (entweder in Form einer Proseminar-Arbeit (Umfang ca. 15 Seiten) oder eines Essays (ca. 6 Seiten)) verfasst werden. Zusätzlich wird die aktive Beteiligung an den Diskussionen in die Benotung miteinbezogen.
1. Brecht, Bertold: Über Film 1922-1933. In: Ders.: Gesammelte Werke in acht Bänden. Bd. VIII. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1967, S. 137-216. 2. Dümling, Albrecht: Laßt euch nicht verführen. Brecht und die Musik. München: Kindler 1985. 3. Gerhartz, Leo Karl: Letzter Exkurs und Resümee: Der produktive Widerspruch. Historische und aktuelle Alternativen zur Gattung „Oper“. In: Ders.: Oper. Aspekte der Gattung. Laaber: Laaber-Verl. 1983, S. 130-151. 4. Lucchesi, Joachim und Shull, Ronald K.: Musik bei Brecht. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1988. 5. Raddatz, Frank-M.: Brecht frißt Brecht. Neues Episches Theater im 21. Jahrhundert. Berlin: Henschel 2007. 6. Witte, Karsten: Brecht und der Film. Das zu Sehende jedermann sichtbar machen. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hg.): Bertolt Brecht. München: Ed. Text + Kritik 32006, S. 62-83. (Text + Kritik, Sonderband 1) 7. Kleber, Pia and Visser, Colin (ed.): Re-interpreting Brecht: His Influence on Contemporary Drama and Film. New York: Cambridge University Press 1992.
Beginn: Di 16.03.
Gruppe 0
Datum Uhrzeit Ort
Di 16.03.2010
09.00 - 12.30 40105 SR 40105 SR
Di 13.04.2010
09.00 - 13.30 40105 SR 40105 SR
Di 27.04.2010
09.00 - 13.30 40105 SR 40105 SR
Di 11.05.2010
09.00 - 12.30 40105 SR 40105 SR
Di 08.06.2010
09.00 - 12.30 40105 SR 40105 SR
Di 22.06.2010
09.00 - 12.30 40901 SR 40901 SR Barrierefrei