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In der Vorlesung/Übung werden wir uns mit einem möglichen Verständnis der Empirischen Literaturwissenschaft als „dritte Kultur“ (Snow, 1959) als auch mit den konzeptionsbedingten Grenzen dieser literaturwissenschaftlichen Ausprägung auseinandersetzten. Die Frage nach den Konsequenzen einer solchen Literaturwissenschaft – sowohl hinsichtlich ihres Untersuchungsgegenstand, als auch ihrer (inter-) disziplinärer Aufgabenstellung – steht hierbei neben der Diskussion (möglicher) theoretischer Grundlagen im Vordergrund.

"Bekämpfen Sie das häßliche Laster der Interpretation! Bekämpfen sie das noch häßlichere Laster der richtigen Interpretation!" – mit diesen Worten von Hans Magnus Enzensberger formulierte Siegfried J. Schmidt 1979 eine Absage an rein introspektiv gewonnene literaturwissenschaftliche Annahmen. Entgegen der disziplinären Trennung von natur- und geisteswissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung (z.B. Dilthey, 1883; Snow, 1959) forderte Schmidt eine wissenschaftstheoretisch begründete, nach objektiven Maßstäben nachvollzieh- wie überprüfbare literaturwissenschaftliche Praxis. Neben konstruktivistischen und stark an Soziologie und Psychologie orientierten Ansätzen der Empirischen Literaturwissenschaft finden sich zudem strukturalistisch geprägte Ausformungen mit stärkerem linguistischem Fokus. Aufgrund ihrer empirischen Vorgehensweise liegt es nahe, die Empirische Literaturwissenschaft in der von Tradition Gustav Theodor Fechner zu verordnen. In der Einleitung seiner „Vorschule der Ästhetik“ (1867) unterscheidet Fechner zwischen einer philosophisch geprägten Ästhetik „von Oben“ und einer empirische Ästhetik „von Unten“.

Mögliche theoretische Positionen, methodologische Ansätze, Ziele, Nutzen und Grenzen einer empirisch ausgerichteten Literaturwissenschaft werden vorwiegend im Rahmen einer gemeinsamen, ergebnisoffenen Diskussion erarbeitet. Diese wird durch Vorträge der LV-Leiterin als auch durch Impulsreferaten der Studierenden ergänzt und strukturiert.

Die als Pflichtlektüre gekennzeichneten Texte werden von allen Studierenden in der Vorbereitung gelesen werden. Jeder dieser Texte wird darüber hinaus als (Gruppen-) Referat vorgestellt werden. Alle Studierenden erarbeiten zudem schriftliche Fragen für die gemeinsame Diskussion. Zudem wird eine aktive Teilnahme an der LV erwartet, die auch in die Bewertung miteinfließen wird. Zu Semesterende wird eine schriftliche Kurzarbeit abgegeben werden (4 -5 Seiten).

Bierwisch, Manfred. "Linguistik, Poetik, Ästhetik." Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 150 (2008): 33-55.

Dewey, J. Art as experience. Perigee (paperback edition), 2005

Fechner, Gustav Theodor. Vorschule der Aesthetik. 1876, Vol. 1., Kapitel 1-9.

Groeben, Norbert: „Der Paradigma-Anspruch der Empirischen Literaturwissenschaft“, in: Empirische Literaturwissenschaft in der Diskussion, hg. v. Achim Barsch, Gebhard Rusch und Reinhold Viehoff, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1994, S. 21-38.

Klein, Wolfgang. "Wie ist eine exakte Wissenschaft von der Literatur möglich?." Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 137 (2005): 80-100.

Pasternack, Gerhard: „Empirische Literaturwissenschaft und ihre wissenschaftsphilosophischen Voraussetzungen“, in: Empirische Literaturwissenschaft in der Diskussion, hg. v. Achim Barsch, Gebhard Rusch und Reinhold Viehoff, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1994, S. 55- 81.

Schmidt, Siegfried J. Grundriß der empirischen Literaturwissenschaft. Vol. 915. Suhrkamp Verlag KG, 1991, S. 11-35.

Schmidt, Siegfried J. "Empirische Literaturwissenschaft as perspective." Poetics 8.6 (1979): 557-568.

Snow, C. P. The two cultures. Cambridge University Press, 2012.