LFU:online

Kenntnis zentraler psychoanalytischer Adoleszenztheorien, Methoden zur Aneignung von Texten (Lektüre, Diskussion und Schreiben)

Pubertät und Adoleszenz begreifen 

Wie der alltägliche Sprachgebrauch, so war auch die Psychoanalyse lange Zeit zufrieden, den Zeitraum zwischen Kindheit und Erwachsenenleben als »Pubertät« zu thematisieren. Doch seit den 60er Jahren tritt das Konzept der »Adoleszenz« in den Vordergrund. Gemein ist den ansonsten vielfältigen Adoleszenztheorien das Augenmerk auf Entwicklungspotenziale und die sozialen Kontexte der körperlichen Reifung. Sie positionieren sich damit gegen »biologistische« Verkürzungen des Individuums - ein Vorwurf, der nebenbei auch die Psychoanalyse Sigmund Freuds verfolgt.

Heute ist die Adoleszenz ein psychoanalytischer bzw. psychosozialer Schlüsselbegriff der Entwicklungs- und Sozialisationstheorie. Doch in welcher Form begreifen wir das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft mithilfe dieses Begriffs? Welche theoretischen Annahmen über Leib und Körper, Individuum und Subjekt, Gesellschaft und Objektivität fließen in die Adoleszenztheorien ein - und welche Erziehungs- und Bildungspraxis legen sie nahe?

Diesen beiden Fragen gehen wir im Kurs nach, indem wir grundlegende bildungswissenschaftliche Texte über Adoleszenz mit Blick auf konkrete Themen diskutieren, darunter Geschlecht und Sexualität, Schule und Gewalt, Islam und Migration.

Diskussion, Textlektüre, Essays, persönliche Besprechung.

Teilnahme sowie drei Essays.

Begriffstheoretische und methodische Ansätze

Adorno, Theodor W.: Der Essay als Form. In: Ders. Gesammelte Schriften Band 11: Noten zur Literatur 1. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 9-33.

Kirchhoff, Christine (2009): Das psychoanalytische Konzept der ≫Nachtraglichkeit≪. Zeit, Bedeutung und die Anfange des Psychischen, Gießen: Psychosozial-Verlag. 

Klassiker der Adoleszenztheorie

Blos, Peter (1962/2011): Adoleszenz. Eine psychoanalytische Interpretation. Stuttgart: Klett-Cotta.

Bohleber, Werner (Hg., 1996): Adoleszenz und Identität. Stuttgart: Verlag Internationale Psychoanalyse.

Bründl, Peter; Scheidt, Carl E. (Hg., 2015): Spätadoleszenz. Identitätsprozesse und kultureller Wandel. Frankfurt a.M.: Brandes & Apsel.

Diem-Wille, Gertraud (2017): Pubertät. Die innere Welt der Adoleszenten und ihrer Eltern. Psychoanalytische Entwicklungstheorie nach Freud, Klein und Bion. Stuttgart: Kohlhammer.

King, Vera (2004, 2013): Die Entstehung des Neuen in der Adoleszenz. Individuation, Generativität und Geschlecht in modernisierten Gesellschaften. Wiesbaden: VS.

Laufer, Moses; Laufer, M. Eglé (1984): Adolescence and developmental breakdown. A psychoanalytic View. London: Karnac Books.

Spezielle Themen

Drexel, Dominik; Iliash, Anna (2018): Der Burkini im Schwimmunterricht. Funktion und Bedeutung der islamischen Verschleierungin der weiblichen Adoleszenz. In: Grimm, Marc; Schlupp, Sandra (Hg.): Flucht und Schule. Herausforderungen der Migrationsbewegung im schulischen Kontext. Weinheim/Basel: Beltz Juventa, S. 147-160.

Flaake, Karin; King, Vera (Hg., 1992): Weibliche Adoleszenz. Zur Sozialisation junger Frauen. Frankfurt a. M./New York: Campus.

King, Vera; Koller, Hans-Christoph (Hg., 2009): Adoleszenz - Migration - Bildung. Bildungsprozesse Jugendlicher und junger Erwachsener mit Migrationshintergrund. Wiesbaden: VS.

Usak, Hale (2018): Yasemin - Weibliche Adoleszenz in der Zweiweltlichkeit. Zur Aktualität des Historischen in psychoanalytischen Psychotherapien, https://www.derwienerpsychoanalytiker.at/index.php?log=2&wbkatlog=8&wbidlog=1237.