222931 SE Forschungsseminar: Die spirituelle Herausforderung der Digitalen Revolution

Sommersemester 2021 | Stand: 30.03.2021 LV auf Merkliste setzen
222931
SE Forschungsseminar: Die spirituelle Herausforderung der Digitalen Revolution
SE 2
5
wöch.
jährlich
Deutsch

Einübung in die Forschungspraxis ausgehend von einem interdisziplinär relevanten Forschungsfeld.

Dieses Seminar ist der zweite Teil einer zweiteiligen Seminarreihe, die im WS 2020 (222931) begann. Es setzt nicht voraus, dass die Studierenden am ersten Seminar teilgenommen haben.
Technologiephilosophen sind sich einig, dass die digitale Revolution - neben der Klimakrise - eine der größten Herausforderungen unserer Zeit darstellt. Die Grundlinien dieser Herausforderung wurden von Edmund Husserl in seinem berühmten, unvollendeten Spätwerk über die "Krise der europäischen Wissenschaften" von 1936 vorhergesagt, auf dem führende Technikphilosophen wie Bernard Stiegler aufbauen. Diese Diskussion wird systematisch erörtert und ausgewertet im ersten Teil meines noch nicht erschienen Buchs "Wege aus der Symbolischen Verelendung. Zur anthropologischen Herausforderung des Digitalen Zeitalters", das Thema des ersten Seminars dieser Seminarreihe war und den Studierenden zur Verfügung gestellt werden wird. Ausgehend von Stiegler und der anthropologischen Diskussion der letzten 20 Jahre habe ich dort argumentiert, dass die neue Situation des 21. Jahrhunderts uns vor die Herausforderung stellt, ein Verständnis menschlicher Intelligenz wiederzugewinnen, das mit den tugendethischen und mystagogischen Tradition theologisch-philosophischen Denkens im Anschluss an Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, Meister Eckhart und Nikolaus von Kues kompatibel ist.
Dies ist das Thema des zweiten Seminars, das auf dem zweiten Teil des oben genannten Buchs aufbaut ("Teil 2: Minimal Religion. Orthodoxie in einer postkonfessionellen Welt"). Das Seminar wird auf spirituelle Praktiken und "Selbsttechnologien" fokussieren, die die epistemologische Grundhaltung der oben genannten Denker geprägt haben. Die wesentlichen Merkmale dieser Praktiken werden im Rahmen der anthropologischen Diskussionen des frühen 20. Jahrhunderts im Gefolge von Max Scheler (1874-1927) systematisch entfaltet. Diese Tradition ist im Gefolge der mittlerweile problematisch gewordenen ‚sprachphilosophischen Wende‘ der Nachkriegszeit in Vergessenheit geraten. Ihre Wiedererschließen wird vor diesem Hintergrund den Charakter eines sich gegenseitig bereichernden Dialogs zwischen (spät-)modernen und vormodernen Denkern annehmen. Dieser Dialog wird vier Schwerpunkte haben:
(1) die Wertrevolution in der zeitgenössischen Diskussion über ethisches Technologiedesign.  
(2) Schelers frühe Versuche, die Einheit von wissenschaftlicher Welterkenntnis und spiritueller Praxis wiederzugewinnen, die auf Edmund Husserl aufbaute, ohne dem Subjektivismus des frühen und mittleren Husserl zu erliegen.
(3) die blinden Flecken, Inkohärenzen und Kurzschlüsse von Schelers Anthropologie, die eine kritische Transformation seiner Werte-Ethik im Lichte jüngerer Debatten und der älteren mittelalterlichen Diskussion erfordern
(4) die Frage, inwieweit eine revidierte Hermeneutik ‚objektiver Werte‘ die Grundlagen für eine Wiederbelebung der Tradition ‚immerwährender Philosophie‘ erschließt, die es uns ermöglicht, über die Debatten der Jahrtausendwende hinaus in Richtung eines neuen Realismus fortzuschreiten.
Das theologische Ziel dieses Seminars wird darin liegen, einen wertethischen Realismus zu entwickeln, der mit der orthodoxen Lehre des ersten Jahrtausends der östlichen und westlichen Tradition des Christentums in Einklang steht, ohne sich in die Pseudo-Probleme der "spätmittelalterlichen Denker" wie Duns Scotus, Immanuel Kant und Jürgen Habermas zu verstricken.

Vorlesung mit Diskussion.

Aktive Teilnahme und Senimararbeit.

Allgemeine Informationen zu Prüfungen, Terminen und Anmeldung am Institut auf: https://www.uibk.ac.at/systheol/lehre/pruefungen.html.de.

Sarah Spiekermann, Digitale Ethik. Ein Wertesystem für das 21. Jahrhundert (München: Droemer 2019)
Max Scheler, Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik. Neuer Versuch der Grundlegung eines ethischen Personalismus (Halle: M. Niemeyer 1921) (https://archive.org/details/DerFormalismusInDerEthikUndDieMaterialeWertethik/page/n2/mode/2up)
Max Scheler, Vom Ewigen im Menschen. 1. Band: Religiöse Erneuerung (Leipzig: Peter Reinhold 1921), 376-576 (https://archive.org/details/vomewigenimmensc00sche/page/n6/mode/2up)
Max Scheler, "Normative und deskriptive Bedeutung des 'Ordo Amoris' (1916)". In:  Schriften aus dem Nachlass I: Zur Ethik und Erkenntnistheorie (GW 10) (Bonn: Bouvier 2000), 347-376
Erich Przywara, Religionsbegründung. Max Scheler - J. H. Newman (Freiburg im Breisgau: Herder 1923 (https://archive.org/details/MN40132ucmf_2 )
Johannes Hoff, "Rückkehr zur Wirklichkeit. Wissenschaft und Spiritualität nach der Wiederentdeckung unserer leiblichen Existenz". In: Reiner Frey; Gerd Doeben-Henisch (Ed.), Meditation und die Zukunft der Bildung 2019: Spiritualität und Wissenschaft (Weinheim - München: Beltz-Juventa 2020)
Thomas Fuchs, Das Gehirn als Beziehungsorgan. Eine phänomenologisch-ökologische Konzeption (Stuttgart: Kohlhammer 52016) / Thomas Fuchs, Ecology of the Brain. The Phenomenology and Biology of the Embodied Mind (Oxford: Oxford UP 2018)
Hartmut Rosa, Unverfügbarkeit (Salzburg: Residenz 2018)
Charles Taylor, Ein säkulares Zeitalter (Frankfurt: Suhrkamp 2012), Teil V.  
Das Manuskript meines Buches wird bei der Vorbesprechung bereitgestellt. Weitere Quellenangaben erfolgen im Seminar.

keine

03.05.2021
Gruppe 0
Datum Uhrzeit Ort
Mi 03.03.2021
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Mi 10.03.2021
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