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Die Vorlesung vermittelt einen synchronen und diachronen Überblick über das Thema. Ziel ist eine Kontextualisierung von Positionen, die Analyse von Autorschaftsinszenierungen und ein Verständnis für den geistesgeschichtlichen Zusammenhang gegenwärtiger Phänomene. Im Zentrum steht dabei stets die literatur-, kultur- und medientheoretische Reflexion der präsentierten Phänomene und die Verknüpfung mit komparatistischen Fragestellungen.

Rausch ist eine Erscheinung der Entgrenzung, das Digitale ist das Medium der Entgrenzung. Beide Formen der Entgrenzung haben in Experimenten der Gegenkultur der 1960er und 70er Jahre eine Hochzeit erlebt. Jelinek schreibt, der Computer scheine für sie erfunden worden zu sein, könne sie doch erst durch die technischen Möglichkeiten des Digitalen ihrem Schreibfluss Raum geben. Hier scheint der Rausch erst Leistung zu ermöglichen. In welchem Verhältnis aber stehen „Rausch“ und „Leistung“ in Literatur und anderen kulturellen Ausdrucksformen vor dem Hintergrund des Digitalen und der historischen Entwicklung? Sind „Rausch“ und „Leistung“ wirklich immer Antonyme, wie es auf den ersten Blick scheint? Welche Bedeutung hat der kreative „Flow“ in der Leistungsgesellschaft? In einer diachronen Perspektive wird darüber hinaus gefragt, wie Autor:innen Drogenerfahrungen in sogenannten „Rauschtexten“ (Manojlovic/Putz) inszenieren, also in Texten über Rauscherlebnisse, und welche Drogen ihrer Meinung zu einer besseren, welche zu einer schlechteren literarischen Leistung führen. Auch die Literaturrezeption betrifft das Thema „Rausch und Leistung“: Welche Formen nimmt das alte Narrativ der „Lesesucht“ in der digitalen Gesellschaft an? Die Vorlesung behandelt die Themen „Rauschtexte: Schreiben über Rauscherlebnisse“, „Schreibrausch: Rauschhafte Schreibtechniken als Gegenstand der Literatur“ und fragt jeweils nach dem Verhältnis zu Leistungskonzepten. Drittens geht es um Formen gesellschaftlicher Validierung unterschiedlicher rauschhafter Substanzen und Praktiken vor dem Hintergrund des historisch jeweils gültigen Leistungsverständnisses.

Vorlesung und Diskussion

Take-Home Essays zu Semesterende: Aus thematischen Pools mit Fragen zu den Themen der Vorlesung werden an einem festgesetzten Termin drei Fragen ausgewählt, die dann innerhalb einer Woche in kurzen Essays bearbeitet werden. Alle Einzelheiten dazu werden rechtzeitig mitgeteilt.

1.       Manojlovic, Katharina; Putz, Kerstin, Hrsg. (2017): Im Rausch des Schreibens. Von Musil bis Bachmann. Wien: Paul Zsolnay Verlag.

2.       Martschukat, Jürgen (2019): Das Zeitalter der Fitness: wie der Körper zum Zeichen für Erfolg und Leistung wurde. Frankfurt am Main: S. Fischer.

3.       Reckwitz, Andreas (2012): Die Erfindung der Kreativität. Zum Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung. Berlin: Suhrkamp.

4.       Schetsche, Michael; Schmidt, Renate-Berenike, Hrsg. (2016): Rausch – Trance – Ekstase. Zur Kultur psychischer Ausnahmezustände. Bielefeld: transcript.

5.       Vorjans, Gerrit (2014): ‚Tu Schlechtes und rede darüber‘ – Das Drogengeständnis als Selbstinszenierungspraktik bei Benjamin von Stuckrad-Barre. In: Kyora, Sabine (Hrsg.): Subjektform Autor: Autorschaftsinszenierungen als Praktiken der Subjektivierung. Bielefeld: transcript, S. 343-352.