LFU:online

Ausgehend von zentralen aktuellen literatur- und kulturwissenschaftlichen Debatten, beschäftigen wir uns mit dem Status und der Bedeutung von (Literatur)theorie angesichts der gleichermaßen radikalen Öffnung und Infragestellung des Subjekts und des Objekts dieser Theorie(n) durch dekoloniale Eurozentrismuskritik, feministischen Posthumanismus und ecocritical Anthropozentrismuskritik. Um im Rückblick die historische Entwicklung der aktuellen literaturtheoretischen Positionen nachzuvollenziehen, lesen wir neben aktuelleren Theoriebeiträgen und literarischen Texten auch einige gemeinsam ausgewählte „kanonische“ Texte der Literaturtheorie.

Auch wenn sich Nachrichten über den Tod der Theorie bisher stets als reichlich übertrieben herausgestellt haben, gibt es inzwischen doch einen einigermaßen breiten Konsens über das Ableben der Literaturtheorie. Trotz und gerade aufgrund eines solchen Endes der Literaturtheorie, wird dennoch auch in der Literaturwissenschaft weiterhin Theorie betrieben. Mit einigen solchen literaturtheoretischen Positionen nach dem Ende der Theorie wollen wir uns in dieser Lehrveranstaltung beschäftigen. Im Unterschied zu klassischen Einführungen in die Literaturtheorie werden wir dabei in umgekehrt chronologischer Reihenfolge vorgehen. Uns wird weniger der historische Verlauf der Literaturtheorie als (Teil-)Disziplin an sich interessieren, als vielmehr die Frage, wie und in Bezug auf welche Theorie-Debatten und historische Entwicklungen aktuelle Positionen überhaupt erst entwickelt werden konnten und was wir an theoretischem Hintergrundwissen brauchen, um mit Vertreter:innen dieser Positionen in einen Dialog treten zu können.

Diese übergeordneten Fragen nach der Bedeutung der Theorie für die Literaturwissenschaft heute werden wir anhand von vier Schwerpunktthemen und damit korrespondierenden Perspektivierungen diskutieren (je ein Thema / eine Perspektive pro Sitzungstag):

            Theorie….

            1) … nach der Natur: (neo-)materialistische Perspektiven

            2) … nach dem Menschen: feministische Perspektiven

            3) … nach dem Anthropozän: Perspektiven des Ecocriticism

            4) … nach dem Eurozentrismus: Dekoloniale Perspektiven

Der Schwerpunkt liegt auf der gemeinsamen Diskussion der von allen im Vorhinein gelesenen Texte (inklusive schriftlicher Vorbereitung). Dazwischen immer wieder auch Vorträge des Lehrveranstaltungsleiters, sowie – je nach Bedarf – Impulsreferate der Studierenden.

Voraussetzung für eine positive Beurteilung ist die vorbereitende Lektüre der jeweiligen Texte sowie die aktive Beteiligung an der gemeinsamen Diskussion. Darüber hinaus ist die Vorbereitung einer (Teil-)Einheit (allein oder als Gruppe) für eine Benotung verpflichtend. Dies beinhaltet die Aufbereitung der eingereichten Fragen für die Diskussion sowie von eventuell zusätzlicher Hintergrundlektüre und die Moderation der Sektion (aber kein klassisches Referat). Alternativ dazu kann auch ein Essay bzw. eine kurze Hausarbeit (ca. 7 Seiten) verfasst werden.

Braidotti, Rosi: Posthumanismus: Leben jenseits des Menschen, Frankfurt am Main: Campus 2014.

Elliott, Jane und Derek Attridge: Theory After „Theory“, Florence: Routledge 2011.

Haraway, Donna: Manifestly Haraway, Minneapolis: University of Minnesota Press 2016 (Posthumanities 37).

Heise, Ursula K.: Nach der Natur: das Artensterben und die moderne Kultur, Berlin: Suhrkamp 2010.

Jameson, Fredric: The political unconscious: narrative as a socially symbolic act, London: Routledge 2007.

Morton, Timothy: Ökologie ohne Natur: eine neue Sicht der Umwelt, übers. v. Dirk Höfer, Berlin: Matthes & Seitz 2016.

Ngũgĩ wa Thiong’o: Dekolonisierung des Denkens: Essays über afrikanische Sprachen in der Literatur, übers. v. Thomas Brückner, Münster: Unrast 2017.