645609 SE Lektürekurs: Frauen*Männer*Trans*Inter*Queer. Geschlecht, Begehren und Kultur

Wintersemester 2022/2023 | Stand: 05.09.2022 LV auf Merkliste setzen
645609
SE Lektürekurs: Frauen*Männer*Trans*Inter*Queer. Geschlecht, Begehren und Kultur
SE 2
5
Block
jährlich
Deutsch

- Die Studierenden lernen sozial- und kulturwissenschaftliche Zugänge zu Geschlecht und Sexualitäten kennen und werden mit deren Bedeutung für die Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie vertraut gemacht.
- Die Studierenden werden mit den Denkweisen des Poststrukturalismus vertraut gemacht und lernen mit diesen zu argumentieren.
- Die Studierenden werden in aktuelle öffentliche Diskussionen über Geschlecht und sexuelle Orientierungen eingeführt und lernen, sich zu diesen zu positionieren.
- Die Studierenden begegnen lokalen LGBTIQ*-Aktivist*innen, lernen Ausschnitte von deren Lebenswelt und politische Zielsetzungen kennen.

Die binäre, heterosexuell codierte Vorstellung vom Sein der Geschlechter, die unsere Alltagswelt gegenwärtig prägt, hat das wissenschaftliche Denken bis weit in das 20. Jahrhundert hinein bestimmt. Männlichkeit und Weiblichkeit konstituierten sich aus Wissensbeständen der modernen Medizin, Philosophie, aus behaupteter kultureller Tradierung und der Kenntnis des Alltags und waren zu einem nicht weiter hinterfragten Amalgam verschmolzen. Geschlecht wurde präkulturell gedacht und blieb bis in die jüngste Vergangenheit eine stabile Kategorie, deren Verbindlichkeit sich in gesellschaftlichen Normen, Rechtsvorstellungen und in den Vorstellungen von Devianz, Krankheit und Gesundheit zum Teil bis heute abbildet. Dass dieses Bild in den Kulturwissenschaften seit den 1960er Jahren sukzessive aufgelöst wurde, ist das unbestreitbare Verdienst der frühen US- amerikanischen Frauenforschung. Die Scheidung von biologischem (»sex‹) und sozial- kulturell geformtem Geschlecht (»gender«) – erstmals 1975 postuliert von der US- Anthropologin Gayle Rubin – hat die kulturwissenschaftlichen Debatten des späten 20. Jahrhunderts nachhaltig beeinflusst und dazu geführt, dass Geschlechterrollen zunehmend hinterfragt und Geschlecht zu einer kulturanalytischen Kategorie entwickelt worden ist. In der gesellschaftlich-politischen Praxis bildet sich dies etwa in den Diskussionen um Frauenquoten und um »gender mainstreaming« ab.

Spätestens seit den wirkmächtigen Wortmeldungen von Michel Foucault und Judith Butler jedoch, wird aber auch das sexuelle Begehren, werden sexuelle Identitäten und der Geschlechtskörper als nur scheinbar unumstößliche ›biologische‹ Gegebenheiten hinterfragt und als Produkte von Machtkonfigurationen gedeutet. Zunächst von den ›gender studies‹ adaptiert und weiterentwickelt, hat dieses konstruktivistische Denken in feministischen Kontexten zu heftigen Debatten und zur Aufspaltung ›des Feminismus’‹ in zahlreiche ›Feminismen‹ geführt, die kaum mehr als Einheit begriffen werden können. Und nicht nur das, denn auch abseits wissenschaftlicher Diskurse, tut man sich mit diesem Gedankengut schwer, hält an überkommenen Vorstellungen vom Sosein der Geschlechter und von ›normalem‹ und deviantem Begehren fest, schimpft über den »Genderwahn« und geht mitunter gegen das »Diktat neuer Normalitäten« auf die Straße.
Im Rahmen der Lehrveranstaltung werden die theoretischen Debatten um soziales und biologisches Geschlecht nachvollzogen und die gesellschaftlichen Diskurse um Frauen, Männer, Trans-Personen, Intersexuelle und gleichgeschlechtlich orientierte Menschen eines näheren Blicks unterzogen. Berücksichtigung findet dabei auch die Frage nach den Hintergründen für die Zählebigkeit überkommener Geschlechterbilder sowie Homo- und/oder Transfeindlichkeit und die Debatten innerhalb des Spektrums der ›Feminismen‹.

Die Lehrveranstaltung ist sowohl lehrendenorientiert als auch interaktiv (Diskussionen, Impulsreferate) angelegt. Ergänzend hierzu werden Gespräche mit Dritten geführt. Die erarbeiteten Inhalte werden im Rahmen einer schriftlichen Arbeit reflektiert.
Vorbehaltlich der Entscheidungen des Gesetzgebers bzw. der Universität werden alle Veranstaltungen in Präsenz durchgeführt.

Erwartet werden regelmäßige Teilnahme, vorbereitende Lektüre, ein Impulsreferat, in welchem das Thema der schriftlichen Arbeit vorgestellt werden soll.

Eine Liste relevanter Literatur wird zu Beginn des Semesters ausgegeben.

siehe Termine
Gruppe 0
Datum Uhrzeit Ort
Sa 15.10.2022
14.00 - 20.45 40718 SR 40718 SR Barrierefrei
Fr 02.12.2022
14.00 - 20.45 40718 SR 40718 SR Barrierefrei
Sa 03.12.2022
09.00 - 14.00 40718 SR 40718 SR Barrierefrei
Sa 21.01.2023
14.00 - 20.45 40718 SR 40718 SR Barrierefrei