LFU:online

Die Studierenden erhalten einen Überblick historischer und aktueller Ansätze der kulturwissenschaftlichen Forschung zu Gewalt und Geschlecht in kriegerischen Konflikten. Sie können Theorien und Methoden der empirischen Kulturwissenschaft auf die Analyse von Phänomenen in diesem Kontext anwenden.

„Gewalt ist: keine Frau“, so der Titel eines Buches der Soziologin Hanna Hacker, das die vergeschlechtlichte Dichotomie der Diskursivierung von Gewaltausübung und -erleidung auf den Punkt bringt: popkulturellen Actionheldinnen und Kriegerinnen zum Trotz ist Gewalt nach wie vor überwiegend männlich konnotiert, Männer Täter und Frauen Opfer, und vor allem in der teils geplanten, teils auf entzivilisierende Dynamiken zurückgehenden Eskalation kriegerischer Konflikte werden gewaltvolle Geschlechtsrollenvorstellungen erneut performativ ausagiert und reifiziert. Das Seminar möchte der Bedeutung der Kategorie Geschlecht für physische Gewalt in kriegerischen Konflikten auf den Grund gehen. Anhand von Texten der kultur- und sozialanthropologischen Gewaltforschung werden wir uns dem Phänomen nähern und die besprochenen Ansätze auf historische wie aktuelle Quellen anwenden. Neben Schlaglichtern auf die Kulturgeschichte des Zusammenhangs von Geschlechternormen und -rollen mit Gewalt und deren für die Geschlechterordnung disruptiven und transgressiven Aspekten werden wir die öffentliche Diskussion um Frauen als Soldatinnen und Manifestationen von Männlichkeiten und Weiblichkeiten in aktuellen Konflikten wie dem syrischen Bürgerkrieg und dem Ukrainekrieg beleuchten. Mittels gemeinsamer Lektüre und Diskussion von Theorien und Quellen wollen wir uns einen Überblick des Themenfeldes Krieg, Gewalt und Geschlecht verschaffen; Recherchen der Studierenden, deren Ergebnisse im Plenum präsentiert werden, sollen dieses Wissen anhand konkreter Beispiele vertiefen.

Inputs der Dozierenden, Gruppendiskussion, studentische Präsentationen.

Regelmäßige aktive Teilnahme, Vorbereitung der Lektüretexte, Impulsreferat, Verschriftlichung.

zur Einführung:

Baberowski, Jörg/Gabriele Metzler (Hg.) (2012): Gewalträume. Soziale Ordnungen im Ausnahmezustand. Campus: Frankfurt/New York.
Moser, Caroline O./Fiona C. Clark (Hg.) (2001): Victims, Perpetrators or Actors: Gender, Armed Conflict and Political Violence. London: Zed Books.
Das, Veena (2008): Violence, Gender, and Subjectivity. Annu. Rev. Anthropol. 37, S. 283–99.
Hacker, Hanna (1998): Gewalt ist: keine Frau: der Akteurin oder eine Geschichte der Transgressionen. Königstein/Taunus: Helmer.
Theweleit, Klaus (2019): Männerphantasien. Berlin: Matthes & Seitz.

Die Lektüretexte für die einzelnen Sitzungen werden in einem Reader auf OpenOlat bereitgestellt.