645615 SE Lektürekurs: Geldgefühle. Auto-/Ethnografische Annäherungen an Armut und Reichtum aus geschlechtertheoretischer Perspektive
Wintersemester 2024/2025 | Stand: 02.10.2024 | LV auf Merkliste setzenDie Studierenden verstehen die Zusammenhänge zwischen kapitalistischen Gesellschaftsformationen und vergeschlechtlichter Arbeit und können diese erklären. Sie wissen, dass Geld nicht nur als Tauschmittel fungiert sondern auch emotional strukturiert ist und strukturierend wirkt. Sie können ihre eigenen Geldgefühle reflexiv einordnen sowie analytisch interpretieren und als Interviewer*in in der Gesprächssituation entsprechend mitdenken. Sie sind sich der Vorteile ethnographischen Schreibens bewusst, nicht nur als hilfreiche Methode im Umgang mit tabuisierten Forschungsfeldern sondern auch als Strategie engagierter Wissenschaft.
Geld ist Macht, so eine allgemein bekannte Redewendung. Geld bestimmt den gesellschaftlichen Status, es entscheidet über Zugehörigkeit und produziert soziale Ausschlüsse. Es ist identitätsstiftend, formt milieuspezifische Ästhetiken sowie Geschmackspräferenzen. Es basiert auf Vertrauen, gibt Sicherheit, macht eifersüchtig oder auch Sorgen. Es beeinflusst gegenwärtige wie zukünftige Handlungsmöglichkeiten. Es spaltet die Gesellschaft in Arme und Reiche, wobei die Lücke zwischen beiden Polen in westlichen Wohlstandgesellschaften in den letzten Jahrzehnten zunehmend auseinanderdriftet. Dabei ist Geld allgegenwärtig, egal wie viel man davon hat. Über Geld zu sprechen ist jedoch oft tabuisiert, da vor allem diejenigen, die wenig Geld besitzen, im neoliberalen Glauben an die „Leistungsgerechtigkeit“ nicht selten der Selbstverschuldung bezichtigt werden. Gefühle des Scheiterns, der Scham und Schuld oder auch Minderwertigkeitsgefühle sind die Folgen dieser individuellen Verantwortungszuschreibungen. Die Zugänge zu Geld sind aber strukturell bedingt. Die Klassenlage entscheidet darüber, ob und wie viel geerbt wird, das Geschlecht entscheidet über die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die Höhe der Entlohnung. Frauen verdienen trotz intensiver feministischer Kämpfe noch immer weniger als Männer, sie leisten nach wie vor den Großteil unbezahlter Carearbeit und sind im Alter häufiger von Armut betroffen.
Das Seminar fragt danach, wie Geld die Welt regiert – um hier eine weitere Redensart ins Spiel zu bringen – und welche Rolle Gefühle hierbei haben. Wie fühlt sich Armut, wie Reichtum an, inwiefern sind diese Gefühlslagen gesellschaftlich strukturiert und wie sind Geldgefühle mit Selbst- und Fremdbildern, mit normativen Geschlechterstereotypen, mit moralischen Gerechtigkeitsvorstellungen oder auch alltäglichen Wirtschafts- und Vorsorgepraxen verschränkt? Nach einer geschlechtertheoretischen Auseinandersetzung mit den Themenkomplexen Arbeit und Soziale Ungleichheit, sollen die Studierenden zunächst anhand autoethnografischer Positionierungen für das tabuisierte Forschungsfeld sensibilisiert werden. Gerade weil das Geld-Thema ein vermintes Gebiet zu sein scheint, bedarf es eines vorsichtigen, selbstreflexiven Herantastens, um während des Forschens keine gesellschaftlichen Stigmata und Mechanismen der Beschämung zu reproduzieren. Die eigenen Geldgefühle kulturanalytisch verortet sollen sich die Studierenden den Seminarinhalten schließlich auf Basis narrativer Interviews und teilnehmender Beobachtung annähern und ihre Ergebnisse zu ethnographischen Portraits verdichten.
Textlektüre, Fallarbeit, Auto-/Ethnographische Analyse
tudentisches Referat, Durchführung narratives Interview, schriftliche Arbeit (autoethnographische Reflexion, ethnographisches Portrait)
Bauhardt, Christine (2019): Feministische Ökonomiekritik: Arbeit, Zeit
und Geld aus einer materialistischen Geschlechterperspektive. In: B.
Kortendiek et al. (Hrsg.), Handbuch Interdisziplinäre
Geschlechterforschung, Geschlecht und Gesellschaft. Verfügbar unter
https://doi.org/10.1007/978-3-658-12496-0_49
Binder, Beate (2019): (Europäische)Ethnologie: reflexive Ethnografien zu
Geschlecht und Geschlechterverhältnissen. In: Kortendiek, Beate;
Riegraf, Birgit; Sabisch, Katja (Hg.): Handbuch für interdisziplinäre
Geschlechterforschung, Wiesbaden, S. 541-549.
Bourdieu, Pierre (2002): Ein soziologischer Selbstversuch. Frankfurt am
Main.
Duden, Barbara (2009). Arbeit aus Liebe – Liebe als Arbeit. Ein
Rückblick. Olympe. Feministische Arbeitshefte zur Politik (30), 16-26.
Kaiser, Mareice (2022): Wie viel. Was wir mit Geld machen und was Geld
mit uns macht. Hamburg.
Meyer, Silke (2014): Einleitung: Money Matters. Umgang mit Geld als
soziale und kulturelle Praxis. In: dies. (Hg.): bricolage 7. Innsbruck,
S. 7-36.
Ploder, Andrea; Stadlbauer, Johanna (2013): Zur Relevanz
wissenschaftlicher Selbsterzählung für die
volkskundlich-kulturanthropologische Forschungspraxis. In:
Österreichische Zeitschrift für Volkskunde, 116 (2013) 3-4. S. 373-404.
Rau, Alexandra (im Erscheinen): Das Affektregime weiblicher Altersarmut.
Zur subjektiven Verarbeitung von Prekarität.
Die restliche Literatur wird in der Lehrveranstaltung bekannt gegeben.
- Interfakultäre Studien
- Interfakultäres Masterstudium Gender, Kultur und Sozialer Wandel (Gender, Culture and Social Change) laut Curriculum 2010 (120 ECTS-AP, 4 Semester)
- Interfakultäres Masterstudium Gender, Kultur und Sozialer Wandel (Gender, Culture and Social Change) laut Curriculum 2024 (120 ECTS-AP, 4 Semester)
- Philosophisch-Historische Fakultät
Gruppe 0
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Datum | Uhrzeit | Ort | ||
Do 03.10.2024
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12.00 - 15.15 | 52U109 SR 52U109 SR | Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte | |
Do 10.10.2024
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12.00 - 15.15 | 52U109 SR 52U109 SR | Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte | |
Do 24.10.2024
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12.00 - 15.15 | 52U109 SR 52U109 SR | Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte | |
Do 07.11.2024
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12.00 - 15.15 | 52U109 SR 52U109 SR | Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte | |
Do 21.11.2024
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12.00 - 15.15 | 52U109 SR 52U109 SR | Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte | |
Do 05.12.2024
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12.00 - 15.15 | 52U109 SR 52U109 SR | Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte | |
Do 09.01.2025
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12.00 - 15.15 | 52U109 SR 52U109 SR | Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte | |
Do 23.01.2025
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12.00 - 15.15 | 52U109 SR 52U109 SR | Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte |
Gruppe | Anmeldefrist | |
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645615-0 | 01.09.2024 00:00 - 21.09.2024 23:59 | |
Rau A. |