LFU:online

Die Studierenden lernen historische und gegenwärtige Sexualitätsdiskurse kennen. Die Lehrveranstaltung vermittelt den Studierenden inwiefern Sexualität als historisch gewordene Kategorie verstanden werden kann, welche Rolle Sexualität in biopolitischen Machtverhältnissen spielt und wie Diskurse zur Sexualität spezifische verkörperte Selbstverhältnisse hervorbringen.

Michel Foucault arbeitet insbesondere in den Bänden Sexualität und Wahrheit II, III und IV die Kontinuitäten und Brüche der abendländischen Diskurse zu Sexualität von der Antike bis ins frühe Christentum heraus. So war es in der frühen Antike bspw. weniger wichtig welches Geschlecht der*die Sexualpartner*innen hatte, sondern eher welchem Stand er*sie angehörte. Auch die Exklusivität der Ehe wurde zunächst nicht über eine monogame sexuelle Beziehung bestimmt und für die Konstitution als Moralsubjekt galt das Prinzip der Mäßigung als oberstes Ideal. Im frühen Christentum hingegen wird das, was in den späten Diskursen der Antike bereits beginnt, fortgeführt und in einen „christlichen Logos“ eingebettet: Ausgehend vom Ideal der Jungfräulichkeit wird die Ehe zum einzigen legitimen Ort der Sexualität und die Fortpflanzung zu ihrem einzig legitimen Zweck. Aktuell hat Sexualität Foucault zu Folge auch deswegen eine so große Bedeutung, weil sie eine Scharnierfunktion innerhalb biopolitischer Machtverhältnisse innehat. Sexualität ist Gegenstand der Regulierung durch biopolitische Bevölkerungspolitiken, deren Ziel das „Leben machen“ ist, sie ist aber auch Zielscheibe disziplinierender Regierungstechniken, die am individuellen Körper ansetzen. Basierend auf den drei Bänden von Sexualität und Wahrheit aber auch auf Foucaults biopolitischen Überlegungen findet in der Lehrveranstaltung eine Auseinandersetzung mit historischen und gegenwärtigen Diskursen zur Sexualität statt. Es wird herausgearbeitet, welche Formen von Sexualität sagbar und welche nicht sagbar sind, welche Bezüge zum Körper und der Natur jeweils hergestellt werden, welche Selbstverhältnisse eröffnet werden und wo Kontinuitäten und Brüche zu finden sind. In diesen Auseinandersetzungen lernen die Studierenden Sexualität als historisch gewordene Möglichkeiten zum (moralischen) Subjekt zu werden zu verstehen. Die Studierenden setzen sich aber auch mit aktuellen für die erziehungswissenschaftliche Praxis relevanten Diskursen zur Sexualität auseinander und lernen diese vor dem Hintergrund historischer Diskurse und biopolitischer Regierungstechniken einzuordnen.

Lehrendeninputs, Bearbeitung und Diskussion der Pflichtlektüre, Gruppenarbeiten, Referat

Seminararbeit

Zu Beginn des Semesters wird ein Reader mit der Pflichtliteratur auf der eLearning-Plattform bereitgestellt.

Literatur:

Foucault, M. (1979). Sexualität und Wahrheit I: Der Wille zum Wissen. Suhrkamp.

Foucault, M. (1986). Sexualität und Wahrheit II: Der Gebrauch der Lüste. Suhrkamp.

Foucault, M. (2000). Sexualität und Wahrheit III: Die Sorge um sich. Suhrkamp.

Foucault, M. (2019). Sexualität und Wahrheit IV: Vierter Band: Die Geständnisse des Fleisches. Suhrkamp Verlag.

Ludwig, G. (2018): Sexuelle Regulation im autoritären Neoliberalismus zwischen den Versprechen von Freiheit und Sicherheit. In: Pühl, Katharina/Sauer, Birgit (Hg.): Regulierung, Regierung und Reproduktion von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen: queer-feministische Beiträge zu kapitalismuskritischer Gesellschaftstheorie, Münster: Westfälisches Dampfboot, 2018, 47-72 (mit Volker Woltersdorff).

Laufenberg, M. (2014). Sexualität und Biomacht: Vom Sicherheitsdispositiv zur Politik der Sorge. transcript Verlag.

Darüber hinaus relevante Literatur wird im Seminar bekannt gegeben.

keine

Präsenz LV